Beitragserhöhungen der Krankenkassen im Jahr 2022 unausweichlich?


Die durchschnittliche Zusatzbeitrag zur gesetzlichen Krankenkasse ist in diesem Jahr auf 1,3 % gestiegen. Dadurch liegt der durchschnittliche Beitrag bereits bei 15,9 % und somit um 0,4 % höher als noch im Jahr 2019. Die gesamten Sozialabgaben für Arbeitnehmer und Unternehmen betragen 39,95 % (für Kinderlose 40,2 %). Die sog. Sozialgarantie der Großen Koalition, dass die Sozialabgaben für die nächsten Jahre auf 40 % gedeckelt werden, gerät damit ins Wanken. Denn die Krankenkassen rechnen im nächsten Jahr mit einem Defizit von bis zu 19 Milliarden €. Die Summe ist nicht allein auf die Corona-Pandemie zurückzuführen, sondern auch zu wesentlichen Teilen auf die Reformen im Gesundheitswesen der letzten Jahre.

Aufgrund der zunehmenden Belastung musste der Bund schon im aktuellen Jahr den Zuschuss in den Gesundheitsfonds von 14,5 Milliarden € auf 19,5 Milliarden € anheben. Aus dem Fonds erhalten die Kassen ihre finanziellen Mittel. Nun wird nach den aktuellen Beschlüssen dieser Zuschuss für das Jahr 2022 nochmals angehoben. Statt 5 Milliarden € Extra-Zuschuss sollen im nächsten Jahr 7 Milliarden € fließen. Damit würde der Bund 21,5 Milliarden € zur Finanzierung der Krankenkassen beisteuern. Doch für die Krankenkassen würde gemäß ihren aktuellen Einschätzungen dann immer noch eine Lücke von ca. 12 Milliarden € entstehen. Wenn diese Lücke im Gesundheitsfonds nicht geschlossen wird und letztlich auf die Kunden abgewälzt werden muss, könnten die durchschnittlichen Zusatzbeiträge im nächsten Jahr um weitere 0,8 % steigen. Dies wäre der größte Sprung in der Geschichte der gesetzlichen Krankenkassen. Vor dem Hintergrund der gestiegenen Beiträge im vergangenen und in diesem Jahr würde die Erhöhung eine deutliche Mehrbelastung für die Arbeitnehmer darstellen.

Eine Strategie zur Vermeidung höherer Beiträge von Seiten der Politik ist momentan noch nicht absehbar: Der GKV-Schätzerkreis, der mit seinen Kalkulationen der Einnahmen und Ausgaben die Grundlage für die Festsetzung der Höhe der Zusatzbeiträge für das nächste Jahr bildet, kommt im Oktober zusammen. In seinen Berechnungen darf er lediglich bereits bestehende gesetzliche Regelungen berücksichtigen, aber keine Absichtserklärungen von Seiten der Politik. Da im September eine neue Regierung gewählt wird, ist es eher unwahrscheinlich, dass bis Oktober neue Gesetze zur Finanzierung des Gesundheitsfonds gefasst werden.

Die derzeitigen Schätzungen der Defizite der Krankenkassen könnten sich ab 2022 sogar nochmals erhöhen. Aktuell diskutiert die Regierung, inwieweit einzelne Teile der geplanten Pflegereform, die in dieser Legislaturperiode nicht mehr komplett umsetzbar ist, in das laufende Verfahren des Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetzes (GVWG) eingebracht werden können. Dabei geht es um die Vorschläge aus der konzertierten Aktion Pflege gemäß dem Koalitionsvertrag. In diesem Vorhaben sollen Pflegeeinrichtungen nur noch zugelassen sein, wenn sie ihren Pflegekräfte Tariflohn oder einen tarifähnlichen Lohn bezahlen. Zudem soll der Eigenanteil für Pflegebedürftige nach einem Stufenverfahren begrenzt werden. Die Kosten werden auf 3 Milliarden € jährlich kalkuliert. Die Finanzierung ist auch an dieser Stelle noch völlig offen.

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